Sonntag, 27. August 2006

Sein oder nicht sein. Heute: der Iran

Aufhänger: Spiegel Online

Ein "Drama in 14 Akten" nennt Spiegel Online seine Zusammenstellung der Geschehnisse um den "Atomstreit" im seit Sommer. Darin ist zweifelsfrei zu sehen, dass der Iran den westlichen Mächten, die sich selbst gern als "zivilisierte Welt" sehen, auf der Nase herumtanzt und gleichzeitig ein großes Druckmittel in der Hinterhand hat, nämlich die Kontrolle des Ölpreises.
Nun stellt der Artikel effektiv die Frage, wann der Westen endlich handelt. Wie er das tun soll, das steht in den Sternen. Vermutlich, indem er Kinder tötet, durch Handelssanktionen wie im Irak. Oder aber, indem er einen Krieg entfesselt. Beide Lösungen sind ihm zuzutrauen. Anders kann er aber effektiv nicht handeln.
Man sollte in diesem Spiel beide Seiten betrachten, und obwohl der Spiegelartikel die Seite und Sicht des Iran nur polemisierend darstellt, so kann man doch einige erstaunliche Schlüsse daraus ziehen.
Zum einen: der Iran verlangt sein Recht auf friedliche Nutzung der Kernenergie. Viele Menschen vergessen gerne, dass es nicht Atomwaffen sind, die der Iran fordert, sondern der Bau von Kraftwerken zur Energiegewinnung. Dass er daraus ein Potenzial zum Bau von Atomwaffen gewinnt, ist klar, die Chance, dass er es tut, gegeben bis hoch. Aber dafür gibt es Kontrollinstrumente, Organisationen, Abkommen. Solche werden überhaupt nicht in Betracht gezogen.
Zum anderen: "[Oskar Lafontaine sagt], wenn Amerika, Russland, China, Indien und vor allem Israel die A-Bombe haben , wäre es unfair, sie Iran zu verweigern. Und wenn Iran sie nicht haben dürfe, müssten auch die anderen atomar abrüsten. Mit der gleichen Logik könnte man auch begründen, warum die Polizei und die Gangs gleichzeitig entwaffnet werden müssen." So der Wortlaut des Artikels. Der Witz ist zwar gut, aber die Logik des Spiegels ist es, die hier nicht passt und gleichzeitig die selbstgerechte Arroganz des Westens enthüllt. Denn während Polizei und Gangs innerhalb desselben Rechtssystems stehen, gegen das der eine verstößt und das der andere zu wahren hat, sind die USA und die EU zumindest nominell keine Polizei. Der Iran ist ein souveräner und anerkannter Staat, dem dieselben Rechte zustehen wie jedem souveränen und anerkannten Staat. Denn auch Israel, Indien und Pakistan hätten keine Atombomben haben dürfen, und bei ihnen ist es dasselbe Gefahrenpotenzial eines Einsatzes. Das Argument, das gegenüber Israel oft gebraucht wird - nämlich die akute Bedrohungslage - wird durch zwei Tatsachen egalisiert: erstens, dass Israel seit 1972 jeden Krieg selbst begonnen hat und zweitens, dass der Iran durch die amerikanischen und europäischen Kriegsdrohungen mindestens ebenso bedroht ist. Das Polemisieren gegen Lafontaine lassen wir dabei einmal außen vor.
Prinzipiell soll hier nicht der Versuch unternommen werden, den Iran schön zu reden. Es handelt sich definitiv um einen autoritären Staat, der Menschenrechte oftmals mit Füßen tritt und der Welt gegenüber sehr arrogant auftritt. Aber sind wir da so anders?

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