Donnerstag, 28. Juni 2007

Richtig blödsinnige Vergleiche

Nachdem ich aufgrund einiger Artikel der letzten Tage schon fast geneigt war zu glauben, dass der Stern wieder so etwas wie journalistisches Qualitätsniveau entwickelt, zeigt er sich heute wieder von seiner gewohnten wie hässlichen Boulevardseite:
Nachdem der Linkspartei schon oft vorgeworfen wurde, rechts zu sein (im Übrigen seit übe 100 Jahren ein beliebtes Mittel zur Diffamierung der Linken), macht der Stern den ungemein unbestechlich-objektiven Vergleich mit der NPD. Um genau zu sein und dem die Krone aufzusetzen: er verwendet einen "Test", den die B.Z. gemacht hat. Die Argumentation, wenn man sie überhaupt so nennen will, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
Sogar die NPD jubelte über Lafontaines "lupenreine NPD-Positionen".
Nicht, dass das irgendein Kriterium wäre; die NPD provoziert gerne. Sie lobt auch Schäuble und Konsorten, um Aufmerksamkeit zu erreichen.
Zuwanderung
Während Oskar Lafontaine vor "Fremdarbeitern, die Familienvätern die Jobs wegnehmen" warnte, heißt es bei der NPD "Fremdarbeiter stoppen! Arbeit für Deutsche!"
Neben der Tatsache, dass Lafontaine hier wirklich daneben gegriffen hat: B.Z. und Stern vernachlässigen hier die Tatsache, dass die NPD einfach die Ausländer aus dem Land werfen will, in der irrigen Vorstellung, dann könnten alle Deutschen Arbeit haben. Lafontaine wandte sich gegen die Praxis, Lohndumping über ausländische Zeitarbeiter zu betreiben - und zum einen die Dienstleistungsrichtlinie zu kippen und zum anderen diese entsprechend zu bezahlen. Das war aber beiden Magazinen wohl zu kompliziert.
Hartz IV
Die Linkspartei forderte auf Demonstrationen mit dem Spruch "Hartz IV - Armut per Gesetz" die Abschaffung der Arbeitsmarktreform. Bei der NPD hießt es mit dem selben Ziel "Hartz IV - nicht mit mir".
Ist ja Wahnsinn. Die NPD versucht mit Hartz-IV Stimmen zu machen, weil es sich anbietet. Sie sind aber auch für die Schäuble'sche Terrorabwehr .
Globalisierung
"No G8. Menschen vor Profite" lautete die Linken-Parole gegen den G8-Gipfel von Heiligendamm. Die NPD machte mit dem Slogan: "Gib 8 - Sozial statt Global" mobil.
Wiederum ein feiner Unterschied: die Linke will eine ANDERE Globalisierung, die NPD GAR KEINE. Die Linke ist internationalistisch aus tiefster Seele, die NPD nationalistisch - ein Unterschied wie Tag und Nacht, trotz vordergründiger Gleichheit. Oder warum wohl gab es in Heiligendamm keine Kooperation?
Nahost
Während die NPD die "Eindämmung des Aggressionsstaates Israel" forderte und sich sogar mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad solidarisierte, hetzte Linken-Vorstandsmitglied Christine Buchholz noch 2006, Israel "führe Krieg im Interesse der USA" und erklärte, die Hisbollah stünde auf der Seite "auf der auch ich stehe".
Hier finden wir den ersten wirklich wunden Punkt. Die zumindest Distanz, sogar eher Feindschaft gegenüber Israels der Linken speist sich aus der geopolitischen Situation der 1950er Jahre. Die eigentlich judenfreundliche Einstellung der sowjetisch dominierten Linken wandelte sich durch das amerikanische Engagement in eine (rein politische) Gegnerschaft zu Israel. Ich nehme an, dass das auch heute noch fortwirkt, besonders, wenn die Kritik in so vielen Teilen berechtigt ist. Allein das Hochhalten der Erinnerungskultur an den Holocaust jedoch entlastet in meinen Augen die Linke hier; die Motive der NPD müssten glaube ich nicht besprochen werden.
Irak/Afghanistan
Die Linke nennt den Irak-Krieg "völkerrechtswidrig" und will, dass die deutsche Bundeswehr aus Afghanistan abzieht. Auch NPD und DVU nennen den Irak-Krieg "völkerrechtswidrig" und fordern "Deutsche Soldaten raus aus fremden Kontinenten"-
Im Falle NPD halte ich es für populistischen Stimmenfang, der den eigentlichen Zielen der Partei entgegen steht; im Falle der Linken handelt es sich wiederum um den Internationalismus und Pazifismus., der SPD und Grünen abhanden ging.
Anti-Amerikanismus
Während die NPD gegen den "Wirtschaftsimperialismus der USA" hetzt, wettert Lafontaine gegen eine "US-Außenpolitik, die auf Rohstoff-Imperialismus fußt".
Mit dem Anti-Amerikanismus verhält es sich glaube ich ähnlich wie im Falle Israel, während die Rechten hier auf eine lange anti-kapitalistische Tradition, gerichtet auf ein ominöses US-Konglomerat an diffusen Feindbildern, blicken können.



3 Kommentare:

  1. Diesen Blödsinn gibt es auch schon slange, seit es Attac gibt. Da machen sich CDU- und FDP-Wichtigtuer einen Spass daraus, Positionen von Attac mit denen der NSDAP oder NPD zu vergleichen. Ganz vergessen wird dabei, dass auch eine hohle Glatze zu einer richtigen Betrachtung gelangen kann. Der wesentlich Unterschied von Attac und den Linken im Vergleich zu den NeoNazis liegt aber gerade in den Schlüssen, die sie daraus ziehen und welche politischen Forderungen man daraus ableitet. Mit so viel Differenzierung sind Leute, die solche "Tests" erstellen, jedoch in der Regel überfordert. Denen geht es nur um Diffamierung und Diskreditierung, nicht um Fakten oder gar ernsthafte Diskussion.

    Gruß

    Alex

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  2. Das sich der Stern hier mal wieder einen Griff ins Klo erlaubt hat, sei mal dahingestellt. Der "Linken" zu unterstellen, dass sie die gleichen Ziele hat, wie die NPD oder eine beliebige anderen rechten Partei ist offensichtlicher Unsinn. Trotzdem kann ich mich auch der Argumentation des Autores hier nicht anschließen bzw. scheint diese lückehaft. Sich einfach darauf zurückzuziehen, dass die Linke ja etwas anderes meint, als die Rechten, aber die gleichen Floskeln benutzt, ist m.E. nicht ohne weiteres zulässig.
    Ganz im Gegenteil scheint hier insbesondere Lafontaine sehr bewusst mit populistischen Statements in Volksschichten nach Wählern zu fischen, die keine politische Heimat haben und von normalen politischen Argumenten schwerlich erreicht werden, genau wie das die politische Gegenseite tut. Das die ehemalige WASG und die PDS das mit sich machen lassen, scheint mir äußerst fragwürdig. Es stellt sich für mich (als zugegeben überzeugter Wähler eine anderen demokratischen Partei) vielmehr so da, dass aufgrund von Stimmenfang es sehr wohlwollend und billigend in Kauf genommen wird. Was, bei allen politischen Differenzen zu den Rechten, tatsächlich vergleichbar mit deren Wahlkampfpraxis ist.

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  3. @Matthias: Das ist nur bedingt richtig. Erstens verwendet die NPD die gleichen "Ziele" wie die Linke, nicht umgekehrt, und zweitens hat die offizielle Programmatik nicht unbedingt gleich denselben Stellenwert wie Lafontaines - durchaus grenzwertige - Äußerungen, die sicherlich zu einem guten Teil auf Stimmenfang angelegt sind.

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