Montag, 2. Februar 2009

Fundstücke 02.02.2009, 21.17 Uhr

Leerstelle Konservatismus
Blätter - Was für ein Auftrieb: Als die Bundesregierung binnen weniger Tage erst die Commerzbank teilverstaatlichte und anschließend ein zweites Konjunkturpaket im Umfang von 50 Milliarden auflegte, standen die kapitalnahen Zeitungen Kopf. „Ist Deutschland noch zu retten? Bloß keine DDR light“, flehte Springers „Welt“, derweil die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ klagte: „Wer rettet die Steuerzahler vor den Rettern? Wo ist die schwäbische Hausfrau?“ – als welche sich die Kanzlerin zuvor stets ausgegeben hatte.
Anmerkung: Sehr intelligenter Hintergrundartikel!
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Die Selbstzerfleischung der NPD
Blätter - Wer aufmerksam hinsah, konnte die Zeichen im bayrischen Passau schon lange erkennen: beispielsweise den bekannten Neonazi-Treffpunkt, „Trau-del’s Café-Stübchen“, in dem sich nicht nur örtliche Kader trafen, um die Reichsgründung zu feiern. Oder die Verdopplung der Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund binnen Jahresfrist. Dazu die Beisetzung des bekannten Alt-Nazis Friedhelm Busse auf dem Stadtfriedhof, zu der die versammelte Prominenz der extremen Rechten anreiste, vom NPD-Vorsitzenden bis zum Kameradschaftsführer. All das war offensichtlich, und dennoch nahm die breite Öffentlichkeit von dem braunen Treiben in Passau erst Notiz, als der örtliche Polizeichef Alois Mannichl am 13. Dezember 2008 mit einem Messer vor seiner Haustür niedergestochen wurde. Das Outfit des Täters sowie seine dem Attentat unmittelbar vorausgegangenen Worte nährten die Vermutung, er stamme aus dem rechtsextremen Milieu. Gleichwohl sind bislang weder konkrete Resultate noch diese These stützende Ermittlungsergebnisse bekannt.
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Mimikry um Ypsilanti
Blätter - Ging es in Hessen wirklich um den „Wortbruch“ Andrea Ypsilantis? Oder wurde die Entsorgung eines politischen Projekts betrieben?
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Müntefering redet sich die Sonntagsfrage schön
SpOn -Miese Umfragewerte? Für SPD-Chef Müntefering kein Problem seiner Partei, sondern der Demoskopen - er sieht die Sozialdemokraten im Aufwind und ihren Spitzenkandidaten schon so gut wie im Kanzleramt. Auch die Kollegen an der SPD-Spitze sehen im Keller der Umfragen beste Aussichten.
Anmerkung: Ich mache mir die Welt - widewidewitt - wie sie mir gefällt...
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Gerechtigkeit und Wirtschaftspolitik
FAZ - Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst der sozialen Gerechtigkeit. Schenkt man dem Berliner Historiker Paul Nolte Glauben, droht Deutschland gar eine schleichende "Nordkoreanisierung", die Verdrängung der Freiheit durch ein falsch verstandenes Ideal der Gerechtigkeit (siehe Paul Nolte: Abschied von der Gerechtigkeit). Steht Deutschland vor einem neuen Verteilungskampf, dem individuelle Freiheitsrechte zum Opfer fallen könnten? Welche Rolle hat die soziale Gerechtigkeit in der bundesdeutschen Wirtschaftspolitik damals wie heute gespielt?
Anmerkung: Exzellenter wirtschaftshistorischer Überblick.
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Die Lobbyisten triumphieren

Zeit - Die Große Koalition macht Milliarden für die Autoindustrie locker. Der Klimaschutz kommt dabei unter die Räder.
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Jetzt mal ehrlich
Zeit - Neues aus der Krise: Die Politiker wissen, dass die Lage schlimmer ist, als das Volk glaubt. Aber zugeben wollen sie es nicht. Es ist Zeit, alle Karten auf den Tisch zu legen.
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Enteignung

FR - Schon Anfang der Woche beginnt der letzte Akt im Drama Bankenrettung. Dann wird die Vorlage aus dem Hause von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zum formellen Gesetzentwurf. Er regelt als ultima ratio die Enteignung von Alteigentümern der Banken. Denn die bisherigen staatlichen Möglichkeiten, die im ersten Bankenrettungspaket ersonnen worden sind, reichen angesichts der Schwere der Krise nicht mehr aus. Jetzt geht es nämlich nicht mehr nur um Teilverstaatlichung, sondern um die Möglichkeit, dass der Staat eine private Bank komplett übernehmen kann.
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DLF Interview mit Heiner Flassbeck
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Die große Silberspekulation der Hunts
TP - Amerika zu Beginn der 1970er Jahre – die ausufernden Kosten des Vietnamkrieges zwingen die Regierung, die Staatsverschuldung in die Höhe zu treiben. Der Goldstandard des Dollar musste aufgegeben werden, was auch das Ende des Währungssystems von Bretton-Woods bedeutete. Eine hohe Inflation, die erste Ölkrise und die unsichere weltpolitische Lage ließen bei vielen Amerikanern Zweifel am Wert ihrer Währung aufkommen. William Herbert Hunt und sein Bruder Nelson Bunker Hunt, zwei Sprosse aus der Hunt-Dynastie, die zu Beginn des Jahrhunderts durch das Ölgeschäft zu einer der reichsten Familien der USA wurde, erkannten im brachliegenden Silbermarkt eine historische Chance, ihr Vermögen werterhaltend anzulegen.
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Am Deutschen Wesen
Feynsinn - Die neoliberale Verdrehung der “Sozialen Marktwirtschaft” nach deutscher Prägung hält Angela Merkel für den kommenden Exportschlager. Dabei humpelt sie von einem “Irrtum” zum nächsten, wenn sie sich und ihre Kumpels von der deutschen Wirtschaft als Retterin der Finanzwelt aufspielt. Das beginnt mit dem, was sie nicht erklärt, der Idee der Sozialen Marktwirtschaft, der dem Begriff innewohnte, bevor die INSM ihn mit dem großen Pürierstab vewurstet hat. Eine Idee nämlich, die von vornherein auf einen akzeptablen Ausgleich der Teilnehmer am Wirtschaftskreislauf angelegt ist und das “Soziale” der “Wirtschaft” nicht unterordnet. Neudenglisch würde man es vielleicht so formulieren, daß der Stakeholder Value im Fokus der Ökonomie steht und nicht der Shareholder Value. Soziale Marktwirtschaft wäre darauf angelegt, daß sie Armut und extremen Reichtum einlevelt, wenn nicht vehindert. Eine Wirtschaft, die erst die Schere auseinander klappen läßt, um dann den Armen unter großem Gezeter ein wenig von Nötigsten zukommen zu lassen, hat damit nichts zu tun.
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"Komplizen und Profiteure des industriell-militärisch-medialen Komplexes"
TP - "Landminen für die Seele" seien gewalthaltige Computerspiele - laut einem Kölner Aufruf gegen Computergewalt brächten sie den "Krieg in die Köpfe und in die Herzen". Er ist unterzeichnet von mittlerweile fast 400 Personen. Gespickt mit Vorwürfen und Angriffen, vor allem auf eine bestimmte Schule der Medienwirkungsforschung, stellt er den derzeitigen Höhepunkt in einem seit Jahren anhaltenden Streit um die Wirkung von "Killerspielen" da.
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Afghanistan: Obamas Vietnam?
TP - In den USA beginnen bereits erste Zweifel laut zu werden, dass sich Obama damit in ein Abenteuer stürzt. Die Newsweek ging jetzt voran und verglich Afghanistan mit Vietnam, dem großen Trauma der Amerikaner. Obama's Vietnam heißt es in der Titelstory. Die Analogie sei zwar nicht genau, aber Vietnam und Afghanistan würden sich beunruhigend stärker ähneln.
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Obama will Verschleppungen weiter zulassen
TP - Zwar hat der neue Präsident die Schließung von Guantanamo angeordnet und Folter verboten, aber die Praxis der "renditions" will man offenbar beibehalten und irgendwie legalisieren. Der Glanz von US-Präsident Obama erhält schon in den ersten Tagen Kratzer. Zwar erließ er schnell Anordnungen, die das von der Bush-Regierung im Krieg gegen den Terror angeschlagene Ansehen der USA wieder herstellen sollten (Obama demonstriert mit Verfügungen den Bruch mit der Bush-Politik).
Anmerkung: Change we can believe in.
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Mit dem Sturkopf gegen die Wand
FTD - Das starrsinnige Krisenmanagement von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn in der Datenaffäre ist ein Affront gegen die Bundesregierung. Einen Machtkampf mit der Kanzlerin kann er jedoch nur verlieren.
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Der Rambo mit dem Superkleber
SZ - Die Bespitzelungs-Affäre ist einer von vielen Fehlern des Bahnchefs. Doch Mehdorn regiert selbstherrlich weiter, weil die Politiker uneinig sind.
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