Mittwoch, 1. August 2012

Ein potenzieller Gamechanger

Von Stefan Sasse

Mitt Romney (Symbolbild)
Mitt Romneys Weigerung, seine Steuerbescheide zu veröffentlichen, ist eine dauerhafte Belastung für ihn im Wahlkampf. Das bisschen, das er bisher veröffentlicht hat zeigt, dass er mit rund 15% einen deutlich niedrigeren Steuersatz zahlt als seine Sekretärin, um den beliebtesten Vergleich zu verwenden. Bisher weigert sich Romney standhaft, die Abrechnungen der letzten Jahre zu veröffentlichen - man kann trotz seines Versuchs, sich mit dem Argument der Prinzipienfestigkeit à la "Was geht das Obama an?" die Lufthoheit zu verschaffen davon ausgehen, dass diese ihn nicht gut aussehen lassen. Seit Wochen läuft das Spielchen so ab, dass die Demokraten fordern, er möge sie herausgeben, und das Romney-Team eisern schweigt und Standardfloskeln ablässt, wohl in der Hoffnung, dass dem Thema die Puste ausgehe. Das ist aber erkennbar nicht der Fall. Seit den Vorwahlen schleppt sich das Thema von Romneys Steuern nun schon durch den Wahlkampf, ebenso wie seine Vergangenheit bei Bain Capital, die er ebenfalls nicht einfach wegschweigen kann, wie er dies ursprünglich wohl geplant hatte, oder einfach als Neid-Debatte gegen das Obama-Team richten. Nun aber haben die Demokraten den Einsatz noch einmal schwer erhöht: der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid, hat verkündet, dass ein Bekannter bei Bain Capital ihm gesteckt habe, dass Romney in den letzten zehn Jahren überhaupt keine Steuern bezahlt habe. 

Für Romney ist das eine mittlere Katastrophe. Bisher war dieses Szenario implizit im Raum gestanden, hatten die Demokraten immer unterschwellig mit der Frage "Was hat er zu verbergen?" versucht, die öffentliche Meinung in diese Richtung zu drängen. Vermutlich hat Reid relativ viel Vertrauen in seine Quelle, denn wenn Romney seine Bescheide nun doch herausgibt und sich herausstellt, dass er Steuern bezahlt hat (egal wie hoch), dann stehen die Demokraten als Lügner da. Veröffentlicht Romney seine Bescheide aber weiterhin nicht, so können die Demokraten ab sofort quasi offiziell mit Verweis auf Reid behaupten, dass Romney keine Steuern bezahlt. Und bei aller Liebe zum Erfolg und dem Geld, die Amerikaner hassen es wie die Pest, wenn jemand sich für etwas Besseres hält und macht, indem er sich nicht an die Regeln hält. Veröffentlicht Romney aber die Bescheide, und Reids Vorwurf stellt sich als wahr heraus, ist die Wahl so gut wie verloren. Es ist schwer vorstellbar, dass Romney bei den wahlentscheidenden Wechselwählern (independents) allzuviele Sympathien damit einheimst. Selbst in der Tea Party, die von ihm nie sonderlich begeistert war, dürfte sich neuerlicher Unmut breitmachen. Eine Stimmung der Wahlenthaltung bei seiner Basis aber wäre ein Desaster für Romney. 

Obama schnuppert also wieder Morgenluft. Das Problem an der ganzen Sache ist aber ein anderes. So sehr eine Niederlage Romneys auch begrüßenswert wäre, so wirkt die ganze Sache doch so, als ob das Hauptverschulden des Kandidaten darin bestünde, quasi nicht freiwillig Steuern bezahlt zu haben (die Demokraten instrumenatlisieren dafür sehr geschickt Romneys Vater George, der 1968 bei seiner Präsidentschaftsbewerbung die letzten 12 Jahre offenlegte). Das ist aber Unsinn. Romney nutzt die legalen Schlupflöcher, die Politiker vor ihm geschaffen haben. Er ist kein Krimineller. Leider. Denn bei der ganzen Empörung über Romney gerät völlig in den Hintergrund, dass das Problem das ganze Steuerwesen an sich ist, dass eine solche Ungleichheit in breitem Stil als System etabliert. Es geht nicht darum, dass Romney sich einen kleinen, moralischen Lapsus erlaubt hat, sondern dass in den USA - wie auch hier in Deutschland - das System solcherart gestaltet ist, dass solches Verhalten nicht nur möglich gemacht, sondern geradezu gefördert wird. Das Ziel der Demokraten müsste sein, dieses System zu ändern. Dass das passiert ist aber unwahrscheinlich. Das zeigt sich schon daran, dass Reid überhaupt Bekannte in einer solch zweifelhaften Firma wie Bain Capital hat. Schwer vorstellbar, dass er viel gegen sie unternehmen würde.

Bildquelle: Bank of America

1 Kommentar:

  1. Eigentlich ist es ein Armutszeugnis für die Demokratie in den USA, dass ein Präsident wie Barack Obama mit wirtschafts- und finanzpolitisch so schlechten Daten und einer bestenfalls außenpolitisch durchwachsenen Bilanz noch große Chancen auf eine Wiederwahl besitzt und die Opposition sich nur auf einen fragwürdigen Kandidaten wie Mitt Romney einigen konnte. Der erste Schwarze im Oval Office, Präsidenten der US-amerikanischen Minderheiten, ist kein wirklich guter und starker Amtsinhaber.

    Das amerikanische Steuersystem ist nicht viel weniger verworren als das deutsche, aber das Einkommensteuerrecht ist effizienter als unseres und weit mehr als das von den großen Euroländern. Das sollte man wissen, bevor man die Steuerungerechtigkeit kritisiert. Die Amerikaner haben niedrigere Steuersätze, sie holen aber weit mehr heraus, was eher darauf weist, dass die Steuerschlumpflöcher verhältnismäßig klein sind. Unternehmen werden sogar höher besteuert als in Kontinental-Europa und als eines der wenigen Staaten akzeptiert der US-Fiskus nicht die UN-Regeln zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen zwischen den Staaten (was hier bei Linken des öfteren für Applaus sorgt).

    Natürlich weiß ich nicht, wie Mitt Romney es geschafft hat, seine Steuerlast auf ein solches Mindestmaß zu drücken. Das ist in Deutschland seit längerem nicht mehr möglich. Die Bush-Administration hat bekanntlich zu Beginn ihrer Amtszeit zahlreiche Erleichterungen geschaffen, die der demokratische Präsident Obama nicht beseitigte. Es sind also viele Krokodilstränen, die da vergossen werden.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.